Das Swiss Space Museum hat den Prototyp des Automated Transfer Vehicle (ATV), einem wichtigen Weltraumtransporter der ESA, vor der Verschrottung bewahrt. Während die Zukunft des historischen Artefakts zu Beginn noch unsicher war, sind wir stolz darauf, dass das ATV im Space Eye vom Publikum aus nächster Nähe bewundert werden kann.
Am 9. März 2008 startete in Kourou in Französisch-Guyana eine Ariane-5-Rakete der europäischen Raumfahrtagentur ESA. An Bord befand sich das Automated Transfer Vehicle «Jules Verne», ein unbemannter Weltraumtransporter, der technische Geräte, Material für Experimente, Treibstoff sowie Nahrung, Wasser und Luft für die Besatzung an Bord der internationalen Raumstation ISS lieferte. Bis 2014 folgten vier weitere dieser Raumfahrzeuge.
An der Entwicklung des Service Moduls des Automated Transfer Vehicle (ATV) war auch die Schweiz beteiligt. Ab 1999 fertigte die Schweizer Firma Contraves Space – später RUAG Space, heute Beyond Gravity – im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur ESA den Prototypen des Weltraumfrachters, der an verschiedenen ESA-Standorten getestet wurde. Seit Beginn der Missionen stand der Prototyp in der Ecke einer Halle in Zürich-Oerlikon.
Rettung des Monsters vor der Verschrottung
Zeitsprung ins Jahr 2018: Ende Oktober 2018 erhielt das Swiss Space Museum das Angebot, den Prototypen des ATV bis Ende Jahr zu übernehmen, sonst würde er verschrottet werden. Guido Schwarz, Gründer des Swiss Space Museums, liess es sich nicht nehmen, das Objekt vor Ort zu begutachten.
Schwarz staunte nicht schlecht. Das ATV ist ein Monster von beinahe 7 m Höhe, mehr als 4,5 m Durchmesser und einem Gewicht von rund 1,5 Tonnen. Zu gross, um es irgendwo zu verstauen. Trotzdem war dem SSM-Direktor klar: Dieses Objekt ist nicht nur ein grosses Stück Schrott, sondern ein genialer Zeitzeuge Schweizer Raumfahrttechnik und zugleich zukunftsweisend, denn das Service Module der Orion-Raumkapsel, die Menschen zurück zum Mond bringen wird, basiert auf dem ATV. Und schliesslich ist der Prototyp schlicht und einfach ein faszinierendes Ausstellungsobjekt, welches dem Publikum künftig die Grösse von Raumtransportern vor Augen führen soll.
Dank eines Beitrags des Schweizer Fernsehens im Februar 2019 konnte Guido Schwarz – vorerst – einen temporären Lagerplatz finden.
Andreas Blaser, Präsident der Stiftung Sternwarte Uecht, offerierte dem Swiss Space Museum, das ATV auf einem Bauernhof in einen Dornröschenschlaf zu versetzen, um einige Jahre später im geplanten Space-Eye-Observatorium permanent aufegstellt zu werden.
Spektakulärer Schwertransport
Am 11. April 2019 war es schliesslich soweit: Die Transportfirma Ernst aus Zürich verlud das Automated Transfer Vehicle auf einen Sattelschlepper. Mitten in der Nacht setzte sich der Schwertransport in Bewegung und erreichte um 4 Uhr in der Früh den Bauernhof auf der Uecht nahe Bern. Eine Woche später verschwand das ATV in der Scheune.
Im Mai 2022 schliesslich war es soweit: Das Automated Transfer Vehicle wurde aus dem Dornröschenschlaf geweckt und am 24. Juni in den Rohbau des Space Eye versenkt und im neuen Ausstellungsraum aufbereitet.
Im September 2023 feierte das Space Eye Eröffnung. Seither kann dieses faszinierende Artefakt der Schweizer Raumfahrt vom Publikum bestaunt werden. Mit der Eröffnung der Ausstellung ging das ATV in den Besitz des Space Eye über.